Langzeitverlauf der Netzfrequenz

Der Sollwert der Netzfrequenz beträgt 50Hz. Je nach Einspeisung und Verbrauch weicht die Netzfrequenz allerdings etwas von diesem Wert ab. Da Strom nicht (bzw. nur in sehr geringem Umfang) gespeichert werden kann muss immer genau so viel Strom erzeugt werden wie auch verbraucht wird. Ein Ungleichgewicht macht sich in der Netzfrequenz bemerkbar. Diese Abweichungen sind nicht schlimm, sondern Regelungstechnisch sogar notwendig, solange sie einen bestimmten Toleranzbereich nicht überschreiten (siehe auch die Erklärungen hier). In den fast 4 Jahren, die ich schon die Netzfrequenz aufzeichne, lag die maximale, kurzfristige Abweichung bei ungefähr +/- 150mHz, also noch völlig im erlaubten Bereich (langfristig wären bis zu +/- 180mHz erlaubt).

Diese Abweichungen sind nicht zufällig verteilt, sondern folgen bestimmten Ereignissen:

Rasterdiagramm zur Netzfrequenz von Juni 2011 bis Februar 2015

Rasterdiagramm zur Netzfrequenz von Juni 2011 bis Februar 2015

Sonnenstand und Netzfrequenz

Deutlich zu erkennen ist eine Wiederholung in den Abendstunden. Hier liegt die Netzfrequenz zum Zeitpunkt des Sonnenuntergangs eher unter 50Hz und ist zu den Stundenwechseln stark erhöht. Auch in den Morgenstunden – zum Sonnenaufgang – zeigt sich ein ähnliches Bild. Etwas undeutlicher zu erkennen ist das Muster zur Mittagszeit, aber hier zeigt sich bei genauerem Hinsehen ein Muster, welches der Höhe des Sonnenstands zu folgen scheint. Diese Abhängigkeiten von der Sonne liegen nicht (nur) an der Einspeisung durch Photovoltaik. Vielmehr ist (auch) das Verhalten der Energieverbraucher ein Grund dafür. In den Wintermonaten wird früher das Licht eingeschaltet, das Heiz- und Kühlverhalten (Klimaanlagen) verändert sich und man hält sich eher zu Hause auf als es in den Sommermonaten der Fall ist – wodurch sich natürlich auch der Energieverbrauch ändert.

Einfluss des Stromhandels auf die Netzfrequenz

Neben den Mustern, die hauptsächlich durch die Tageslänge/den Sonnenstand beeinflusst werden, gibt es noch starke Auffälligkeiten zu den vollen Stunden. Ein Grund dafür ist der Stromhandel und dass Strom hauptsächlich stundenweise eingekauft wird (etwas vereinfacht dargestellt). So wird zum Beispiel morgens zwischen 7:00 und 8:00 Uhr ein Kraftwerk angestellt, welches durchgängig die gleiche Leistung erbringt, die in diesem Zeitraum durchschnittlich gebraucht wird. Für den Anfang der Stunde ist das allerdings etwas zu viel, da womöglich noch einige am Schlafen sind und auch die Industrie ihre Produktionsanlagen noch nicht hochgefahren hat – die Frequenz ist also zu hoch. Am Ende der Stunde sind mehr Verbraucher am Netz und die Frequenz sinkt unter 50Hz. Diese Über- und Unterdeckung wird dann durch Regelenergie ausgeglichen. Immer mehr Bedeutung bekommt auch der Viertelstundenhandel, welcher in den letzten Jahren eingeführt wurde. Dieser feinere Handel könnte ein Grund dafür sein, dass sich das Verhalten an den Stundengrenzen in den letzten Jahren etwas verbessert hat.

Schöner wäre es, wenn sich der Stromhandel überhaupt nicht im Verlauf der Netzfrequenz bemerkbar machen würde. Für den Ausgleich wird Regelleistung benötigt. Der Einsatz von Regelenergie ist völlig normal und sie ist auch dafür gedacht, Schwankungen auszugleichen. Allerdings kann nicht unendlich viel Regelenergie vorgehalten werden, es sind derzeit ungefähr 3000MW im europäischen Synchronnetz. Das reicht, um einen gleichzeitigen Ausfall von 2 großen Kraftwerksblöcken auszugleichen. Durch den Stromhandel wird diese Reserve teilweise zur Hälfte in Anspruch genommen.

Senkrechte Linien im Bild

Teilweise sind senkrechte Linien im Bild zu erkennen. Hier handelt es sich nicht um eine besondere Anomalie in der Netzfrequenz – es sind schlichte Messaussetzer. Besonders „schön“ ist der Aussetzer Anfang Juni 2012. Hier sind 2 Messgeräte ausgefallen, ein Server hatte Schluckauf und ich befand mich im Urlaub, sodass eine Behebung der Probeme zusätzlich erschwert wurde. Zu allem Überfluss funktionierte an meinem Urlaubsort das Hotel-WLAN an diesen Tagen nicht richtig. Derartige Probleme sollten nicht mehr auftreten. Wobei ich aber meine Hand nicht dafür in’s Feuer legen würde, dass Ausfälle komplett ausgeschlossen sind. Ausfallsicherheit kostet Geld und man muss das Kosten-/Nutzen-Verhältnis im Auge behalten.

Einzelne Rasterdiagramme für die Jahre 2012 bis 2014

In dem großen Rasterdiagramm über 3,5 Jahre lassen sich einige Dinge nicht so schön erkennen, dafür sind es mittlerweile zu viele Daten. Deswegen gibt es hier noch Rasterdiagramme zur Netzfrequenz für die Jahre 2012 bis 2014:

Verlauf der Netzfrequenz 2012

Verlauf der Netzfrequenz 2012

 

Verlauf der Netzfrequenz 2013

Verlauf der Netzfrequenz 2013

 

Verlauf der Netzfrequenz 2014

Verlauf der Netzfrequenz 2014