Bereits vor einigen Tagen haben ich die Netzfrequenz über die Weihnachtsfeiertage zum Download angeboten. Wie dort bereits versprochen, gibt es jetzt auch eine Analyse, was die Daten überhaupt zu bedeuten haben und was man daraus ablesen kann.
Die Netzfrequenz – ein Indikator für die Ausgeglichenheit von Erzeugung und Verbrauch
Die Netzfrequenz beträgt in unserem Stromnetz 50Hz und schwankt leicht, je nachdem, wie gut Stromerzeugung und -Verbrauch miteinander abgestimmt sind. Strom kann nicht in den Netzen gespeichert werden und muss genau zu dem Zeitpunkt erzeugt werden, zu dem er gebraucht wird. Wird mehr verbraucht als erzeugt, so liegt die Frequenz leicht unter 50Hz. Liegt die Frequenz dagegen höher als 50Hz, so ist das ein Zeichen für eine Übererzeugung (oder je nach Definition für einen Unterverbrauch). Derartige Schwankungen sind völlig normal und für eine funktionierende Regelung auch notwendig, solange sich die Netzfrequenzabweichungen in einem bestimmten Rahmen bewegen. Bild 1 zeigt den durchschnittlichen Verlauf der Netzfrequenz zusammengefasst über mehrere Tage einer Dezemberwoche mit ihren Min- und Max-Werten. Es ist zu erkennen, dass die Netzfrequenz jeden Tag einen ähnlichen Verlauf hat.
Viele Schwankungen werden durch den Stromhandel und den damit verbundenen notwendigen Netzumschaltungen verursacht. Diese zum Teil sehr starken Ausschläge sind besonders zu den Stundenwechseln zu beobachten.
Vorrausplanung der Energieversorger
Die Energieversorger überlassen die Höhe der Stromproduktion nicht dem Zufall, sondern sie planen bereits im Vorraus. Diese Planungen sind meistens ziemlich gut zutreffend, da sich das Verhalten der Bevölkerung und der Industrie jeden Tag ähnlich sind und somit auch die Art und Weise des Energieverbrauchs jeden Tag auf’s Neue wiederholt. Verändernde Parameter sind hauptsächlich das Wetter (für die Höhe der Einspeisung aus Wind-/Solarenergie). Weitere zu berücksichtigende Faktoren wären noch die Verfügbarkeit von (konventionellen) Kraftwerken, Leitungskapazitäten und natürlich auch die Jahreszeit. Diese Dinge sollen aber in diesem Beitrag nicht berücksichtigt werden, hier geht es in erster Linie um das Verhalten der Menschen während der Weihnachtsfeiertage.
Weniger Energieverbrauch an Feiertagen
Die Industrie ist in Deutschland der größte Stromverbraucher. Selbst an Feiertagen wird hier zwar noch viel Strom verbraucht, aber doch um einiges weniger als an normalen Arbeitstagen, da ein Großteil der Arbeitnehmer zu Hause bleibt. „Normale“ Feiertage sind aus verbrauchstechnischer Sicht eher wie ein Sonntag zu betrachten. Etwas anders sieht es hier aber an den Weihnachtsfeiertagen aus.
Weihnachten vs. „normale“ Feiertage
Während „normale“ Feiertage eher wie ein Sonntag betrachtet werden können, sieht das Weichnachten etwas anders aus. Hier gibt es den ersten und zweiten Weihnachtstag als „echte“ Feiertage und dann noch den Heiligabend, der offiziell eigentlich kein Feiertag ist. Diese 3 Tage folgen aufeinander – und auch in den Tagen davor und danach haben viele frei (Brückentage, Betriebsferien). Diese Tage sind auch nicht mit einem „normalen“ Sonntag oder anderem Feiertag vergleichbar, das Verhalten der Bevölkerung weicht von anderen Tagen ab. Es ist zwar jedes Jahr relativ gleich, aber auch hier gibt es von Jahr zu Jahr wieder leichte Unterschiede. Je nachdem, auf was für Wochentage Weihnachten fällt oder wie z.B. das Wetter ist.
Geplante und tatsächliche Last in Deutschland über Weihnachten
Bild 2 zeigt die (jeweils einen Tag vorher) von den Energieerzeugern eingeplante Last im Stromnetz und die Tatsächliche. Zum Vergleich gibt es noch die Daten der Vorwoche.
Betrachtet man zuerst die Vorwoche, so ist hier schön zu erkennen, wie sich die Lastgänge jeden Tag ähneln. Nachts wird am wenigsten verbraucht, morgens steigt der Energieverbrauch stark an und zur Mittagszeit geht er erstmal langsam wieder nach unten um zum Feierabend dann noch einmal etwas zu steigen, bevor er in den späten Abendstunden wieder stark sinkt. Die Prognosen der Energieversorger waren hier ziemlich gut, am 17.12.2014 lagen sie um die Mittagszeit gerade mal um ca. 3% daneben. Am 19.12.2014 – den letzten Freitag vor Weihnachten – war die Trefferquote mit 8,5% Abweichung zur Mittagszeit etwas schlechter. Diese „starke Beule“ zur Mittagszeit ist an anderen Freitagen nicht so stark. Hier würde ich vermuten, dass viele schon früher Feierabend gemacht haben, um noch die letzten Weihnachtsgeschenke zu besorgen und sich schon auf das Fest vorzubereiten.
Der Energieverbrauch über die Weihnachtsfeiertage ist – wie zu erwarten war – insgesamt wesentlich niedriger als an normalen Arbeitstagen. Heiligabend haben die Geschäfte Vormittags noch geöffnet, von daher ist hier der Stromverbrauch etwas höher. Nachmittags/Abends wird vermehrt Licht angeschaltet und deswegen steigt der Stromverbrauch auch noch einmal etwas an. Etwas auffällig ist hier der geringere Stromabfall ab 20:00 Uhr. Gründe dafür könnten sein, dass vorher viele in der Kirche sind und später noch länger zusammensitzen. Die Vorhersage der Erzeuger lag am Heiligabend bis zu 11,5% daneben. Das halte ich für vertretbar, da die Lastkurve insgesamt ganz gut vorhergesagt wurde.
Der 1.Weihnachtstag sieht auf den ersten Blick unauffällig und gut prognostiziert aus. Zwischen 10-11 Uhr dürfte die sogenannte Gänsebratenspitze zu sehen sein. Hier haben viele den Braten im Ofen und später beim Essen werden weniger Stromverbraucher benötigt, deswegen wieder der Knick zur Mittagszeit. Interessant an diesem Tag ist, dass die Prognose morgens und mittags gut getroffen ist, die Schwankungen aber wesentlich ausgeprägter als vorhergesagt sind und sich die Kurven von Vorhersage und tatsächlicher Last zudem noch schneiden. So etwas kann sich in der Netzfrequenz bemerkbar machen.
Der 2. Weihnachtstag sticht am ehesten in’s Auge. Hier liegt die Prognose teilweise fast 25% über dem tatsächlichen Lastwert. Die Mittagsknick ist ähnlich ausgeprägt wie am Vortag. Um eine Ahnung zu bekommen, wie diese hohe Prognose zustande gekommen sein könnte, wären die Daten der Vorjahre interessant. So weit soll dieser Beitrag jetzt aber nicht gehen.
Netzfrequenz im Verhältnis zur Last
Besonders starke Sprünge in der Netzfrequenz sind besonders zu den Stundenwechseln zu beobachten, in denen die Lastgradienten groß sind (starker Anstieg oder Abfall der Last). Ausserhalb der Stundenwechsel weicht die Netzfrequenz häufig von der Sollfrequenz ab, wenn der geplante Gradient eine andere Ausprägung aufweist als der Tatsächliche.
Beim direkten Vergleich der Netzfrequenz an Heiligabend zu der durchschnittlichen Netzfrequenz eines typischen Dezembertages aus Bild 1 fällt auf, dass es nichts wirklich auffallendes gibt. Die nach unten zeigenden Spitzen bis 3:00 Uhr und ab 19:00 Uhr gibt es an jedem Tag. Das langsame Absacken der Frequenz zwischen 15:00-16:00 Uhr war auch an den Referenztagen zu sehen – wenn auch erst eine Stunde später. Die nach oben zeigenden Spitze um 6:00 Uhr gibt es am 24.12. nicht, was an der erst etwas später einsetzenden Last als an anderen (Arbeits-)Tagen liegen dürfte. In die Kurven in der Zeit ab ca. 12:30 Uhr liesse sich hineininterpretieren, dass hier die Last etwas stärker abgefallen als zuvor erwartet und deswegen die Netzfrequenz leicht über dem Durchschnitt liegt, um 14:00 Uhr gab es den starken Absacker möglicherweise wegen der Fahrplananpassung.Dass sich die Netzfrequenz trotz der durchgängig geringeren Last als prognostiziert nicht die ganze Zeit weit über 50Hz bewegt, liegt an der eingesetzten Regelleistung und der Fahrplananpassungen, die die Netzbetreiber dauernd vornehmen.
Am 1. Weihnachtstag war die Gänsebratenspitze etwas ausgeprägter als von den Energieversorgern prognostiziert wurde. Und auch am Abend nahm die Last wesentlich stärker ab, als vorher einplant wurde:
Bis auf die Auffälligkeiten, die schon am Vortag keine waren, gibt es hier den Ausfall der Netzfrequenzmessung zu beobachten und dann den Bereich zwischen 12:00 und 14:00 Uhr (die Netzfrequenzdaten aus dem Download sind vollständig, hier bei der Darstellung ist mir etwas zu spät aufgefallen, dass da was fehlt). Der Anstieg der Netzfrequenz ab 12:00 Uhr dürfte daran liegen, dass die Last zu diesem Zeitpunkt stärker fällt als erwartet. Vorher war die Last höher und es wurden Kraftwerke zugeschaltet. Die beiden Spitzen nach unten um ca. 12:30 und 13:00 Uhr deuten darauf hin, dass die vorher zugeschalteten Kraftwerke wieder abgeschaltet wurden. Da sich nicht alle Kraftwerke abrupt abschalten lassen, steigt die Frequenz trotzdem weiter leicht an.Obwohl am 2. Weihnachtstag Vorhersage und tatsächliche Last stark auseinander lagen, gibt es keine Besonderheiten in der Netzfrequenz:
Eingesetzte Regelleistung an den Weihnachtstagen
Um Schwankungen in der Erzeugung und dem Verbrauch und somit auch in der Netzfrequenz zu vermeiden, wird Regelleistung eingesetzt:
Da die Netzlast über die 3 Tage eher geringer war als prognostiziert, wurde an diesen Tagen etwas mehr Minutenreserve benötigt als an anderen Tagen. Anhand der vorherigen Daten war schon zu vermuten, dass mehr negative Minutenreserve und keine Positive benötigt wurde. Aber größere Auffälligkeiten gibt es nicht. Derartige Verläufe gibt es auch an anderen Tagen.
Fazit
Obwohl die Vorhersage und auch die Netzfrequenz an den Weihnachtsfeiertagen teilweise stark daneben gelegen haben, gab es keine ernsthaften Auswirkungen auf die Netzfrequenz. Im Jahr 2013 sah es ähnlich aus, lediglich 2012 ist die Netzfrequenz in den Abendstunden die Frequenz extrem stark angestiegen (die Werte waren damals mit die höchsten, die ich seit dem Beginn meiner Netzfrequenzmessung im April 2011 gemessen habe). Zusätzlich zu den Feiertagen wären auch die Tage davor und dahinter noch interessant, da auch hier ein anderes Verhalten der Bevölkerung zu beobachten ist als an anderen Tagen. Hier werde ich noch einmal nachsehen und bei Bedarf einen weiteren Beitrag schreiben.
In diesem Beitrag wurden nur die Last, die Netzfrequenz und die eingesetzte Regelleistung an den Weihnachtsfeiertagen betrachtet. Es gibt aber noch mehr Faktoren, die man berücksichtigen könnte und für ein Gesamtbild auch sollte, allerdings würde das den Rahmen eines Blogbeitrages sprengen. Über Weiihnachten gab es z.B. auch einen hohe Stromproduktion aus Windenergie. Zusammen mit der geringen Stromabnahme ist das eine ziemliche Herausforderung für die Energieversorger. Derartige Szenarien haben sie zwar meistens gut im Griff, aber das Ganze ist dann auch eine Preisfrage. Für weitere Informationen dazu empfehle ich den Artikel von Herbert Saurugg. In seiner Analyse zur Situation um Weihnachten hat er auch die Wetterdaten und die Strompreise berücksichtigt.