In den Rasterdiagrammen zur Netzfrequenz zeigen sich so gut wie keine Veränderungen im Laufe der Zeit. Eigentlich ist das ein gutes Zeichen, lediglich die Sichtbarkeit des Stromhandels an den Stundengrenzen könnte sich gerne verringern. Es zeigt aber, dass die Mechanismen zur Frequenzhaltung funktionieren. Bei Abweichungen der Netzfrequenz wird Regelleistung eingesetzt, um die Frequenz wieder auf ihren Sollwert von 50Hz zurück zu führen. Zuerst beteiligen sich alle Kraftwerke im gesamten Verbundnetz durch den Einsatz von Primärregelleistung (PRL). Diese PRL wird kurze Zeit später von der Sekundärregelleistung (SRL) eingesetzt – wobei hier nur die für die Abweichung verantwortliche Regelzone für den Einsatz von SRL zuständig ist. Hier ist interessant, in welcher Größenordnung die Regelleistung im Laufe der Zeit eingesetzt wurde und ob es (im Gegensatz zum Verlauf der Netzfrequenz) Veränderungen gibt. Daten zur PRL gibt es nicht, aber viertelstündliche Daten zur abgerufenen SRL sind über regelleistung.net beziehbar.
Rasterdiagramme zur Regelleistung
Die folgenden Bilder zeigen – änhlich wie in den Rasterdiagrammen zur Netzfrequenz – den Langzeitverlauf der abgerufenen SRL. Zunächst ein Diagramm mit addierten Werten (positive SRL minus negative SRL), für eine bessere Darstellung und Vergleichbarkeit wurden die Maximalwerte in sämtlichen Rasterdiagrammen auf 2000MW begrenzt:
Es ist eine deutliche Verbesserung im Laufe der Zeit zu erkennen, es wird immer weniger SRL eingesetzt. Auch längerfristige, starke Abweichung wie Anfang 2012 und 2013 sind in den Folgejahren nicht mehr aufgetreten. Auf die durch die Tageszeiten verursachten Muster soll hier nicht weiter eingegangen werden, das wurde schon in den Auswertungen zur Netzfrequenz zur Genüge getan.
Die Viertelstundenwerte wurden für dieses Bild addiert, von daher könnte sich eine falsche Darstellung ergeben, falls innerhalb einer Viertelstunde sowohl extrem viel positive als auch negative SRL eingesetzt wurde. Deswegen zeigt das folgende Bild noch einmal die Summe aus den absoluten SRL-Werten, also die insgesamt aufgewendete Leistung unabhängig von ihrer Richtung:
Hier lässt sich erkennen, dass der Eindruck aus dem ersten Bild korrekt ist: Der SRL-Aufwand ist im Laufe der Zeit geringer geworden.
Nachfolgend noch getrennte Rasterdiagramm die positive und negative SRL:
Der geringere Einsatz von SRL bestätigt sich auch hier. Es wurden sowohl die Aufwände für die postitive als auch die negative SRL reduziert.
Eine andere Darstellung zur abgerufenen Regelleistung
Die Rasterdiagramme geben einen guten Überblick über den Verlauf von großen Datenmengen. Für eine andere Betrachtungsweise gibt es im Folgenden noch ein paar Balkendiagramme, die die Veränderung im Laufe der Zeit aus einem etwas anderen Blickwinkel zeigen:
In den Jahren 2011 und 2012 sind die maximalen Werte immer in einer ähnlichen Höhe. Seit 2013 geht der Einsatz von SRL aber kontinuierlich zurück. Ein Grund dafür könnte sein, dass seit Ende 2011 zusätzlich zu dem Stundenhandel auch Viertelstundenprodukte verkauft werden.
Auch die Mittelwerte der abgerufenen SRL zeigen besonders beim Einsatz von negativer SRL einen deutlichen Rückgang:
Zu guter Letzt noch ein Bild zur Standardabweichung:
Anhand der Standardabweichung lässt sich erkennen, wie stark die Werte schwanken. Für die Erklärung der Netzfrequenz wird gerne der Vergleich mit einem Fahrrad herangezogen. Das geht hier auch: Ein Fahrradfahrer, der durchschnittlich z.B. 15 km/h fährt, kann die gleiche Durchschnittsgeschwindigkeit haben wie einer, der immer auf 30 km/h beschleunigt und dann wieder bis zum Stillstand abbremst. Ein Mittelwert ist hier also nicht aussagekräftig. Allerdings liegt die Standardabweichung des ersten Radfahrers bei 0, die des zweiten nicht. Und der eine Radfahrer wird sein Ziel relativ stressfrei erreichen, der andere darf dann erstmal duschen…
Fazit
Wären die Werte zur SRL gestiegen anstatt gesunken, könnte davon ausgehen werden, dass sich die Stabilität des Stromnetzes etwas verschlechtert hätte. Den Umkehrschluss, dass durch die Senkung eine wesentliche Verbesserung eingetreten ist, sollte man aber nicht ohne weiteres ziehen. Hier handelt es sich um Werte über eine ganze Viertelstunde, was innerhalb dieser Viertelstunde passiert, lässt sich anhand der Daten nicht herausfinden. Ausserdem gibt es noch mehr Mechanismen zur Frequenzhaltung und zur Sicherung der Energieversorgung. Die SRL wird nach einigen Minuten von der Minutenreserve (MRL, auch Tertiärregelung genannt) abgelöst, hier wird es demnächst auch Rasterdiagramme von mir geben. Nach der MRL kommen Fahrplananpassungen der Kraftwerksbetreiber. Des Weiteren sind noch die Redispatch-Massnahmen zu nennen, die unter anderem dafür sorgen, dass Engpässe durch fehlende Stromleitungen ausgeglichen werden. Um Aussagen über die Stabilität unserer Energieversorgung zu treffen, sind all diese Parameter – und noch mehr – wichtig. Trotzdem ist es auf jeden Fall ein gutes Zeichen, dass immer weniger SRL abgerufen werden muss.